/ PROJEKT

/ Verknüpfen, Verweben & Verstricken, war das Leitmotiv meines Entwurf Prozesses.

Begehungen vor Ort, Erinnerungen an Erlebnisse auf dem Areal, das Stöbern im Planarchiv der Stadt und das Zeichnen der einzelnen Häuser für Modelle und Pläne, liessen mich tief in den Ort einsteigen. Dabei sind interessante Bezüge zwischen erarbeitetem Programm und dem vorgefundenen Ort entstanden. Ein Versuch, das Programm mit dem Ort zu verweben, vorgefundene Qualitäten zu präzisieren und weiter zu verknüpfen. Vergangene und teils verschwundene Qualitäten wieder aufleben lassen. Die Heterogenität auf dem Areal durch einzelne, präzise Eingriffe stärken und Freiraum für Unvorhergesehenes und Spontanes einzuplanen, waren die Ziele des Entwurfes. /

/ Die bereits vorgefundene Parkanlage rund um die LOK Remise soll bis hin zur Bahnhofsunterführung erweitert werden. Kies durchwachsen mit Grashalmen, Büsche und Pioniergehölz gehen praktisch nahtlos über in das angrenzende Gleisbett. Ein Skulpturen Garten, ein Garten der Baukultur entsteht auf der heutigen Parkierfläche. Mock Ups von wichtigen regionalen Bauprojekten werden hier ausgestellt und mit der Öffentlichkeit diskutiert. Pavillons oder andere temporäre Strukturen finden hier ihren Platz. Das Dach der LOK Remise wird mit vier einfachen Stahltreppen, wie sie am bestehenden Gebäude bereits vorzufinden sind, zugänglich gemacht. Die öffentliche Stadtterrasse könnte bald das Pendant zum stadtweit beliebten Roten Platz werden. Das Theater der LOK oder der Ableger des Kunstmuseums können die Fläche über die Sommermonate bespielen und beleben. Das KLUB Haus von Wilhelm Dürler wird zum zentralen Treffpunkt vor und nach Veranstaltungen wie: der MOCK UP VERHANDLUNG, den STADTSPAZIERGÄNGEN und dem BAUSTELLENZISTIG. Die DISKUTIERBAR kommt in der ehemaligen Kegelbahn unter und wird durch das Gastroteam der KANTINE bewirtschaftet, zwei grosse Öffnungen und Treppen gegen Süden schaffen einen direkten Bezug zum neuen GLEISPARK. /

/ Am nördlichen Rand der Parkanlage werden die bestehenden Bushaltestellen für Fernbus und Flixbus durch ein Pavillondach ersetzt. Die hybride Dachkonstruktion ruht auf zwei zueinander verdrehten, eingespannten Betonstützen. Die miteinander verschweissten Stahlprofile, werden durch Zugseile verspannt und funktionieren so als Durchlaufträger. Die eingehängten Holzrahmen, kragen jeweils 2.60m in beide Richtungen aus. Unter dem Dach laden die freistehenden Landi-Stühle von Hans Coray aus dem Jahre 1938 zum Sitzen, Verweilen und Warten ein. An der Südwest Ecke der Fachhochschule OST soll der längst ersehnte Kiosk von Barao Hutter Architekten eröffnet werden, ein zentraler Treffpunkt für die Studierenden in den Pausen und der Mittagszeit. /

/ Auf der freien Parzelle an der Lagerstrasse 8, sitzt das ZfBK. Pläne aus dem Planarchiv der Stadt zeigen, wie die Häuserzeile einst funktionierte. Die Gebäude waren als zusammenhängende symmetrische Anlage gedacht, der Bauunternehmer und Architekt Wilhelm Dürler hatte hier seine Werkstätten, Magazin, Stallungen, Büros und Wohnungen. Der Zwischenbau wurde in den 70er Jahren abgebrochen, von der zusammenhängenden Anlage ist heute nichts mehr spürbar. Die zwei Haushälften an der Lagerstrasse 6 dienen als Wohnungen mit Einlieger-Werkstatt. An der Tulpenstrasse sitzt die Wohngemeinschaft ARCHE der Stiftung Suchthilfe, diese bietet Kindern und Jugendlichen mit Suchtproblemen einen betreuten, zeitlich unbefristeten Wohnraum.

Der neue Baukörper setzt sich zwischen die bestehenden Gebäude und breitet sich darüber aus. Der Bestand wird zum Sockel und die verlorene Symmetrie wieder hergestellt. Das freie Erdgeschoss funktioniert als Foyer, hier finden Veranstaltungen wie die Diskussionsreihe LOCALS statt oder Wechselausstellungen wie MOCK UP vom Schweizer Architektur Museum locken die Besucher mit ihren Exponaten ins Gebäude. Das Foyer kann komplett geöffnet werden und schafft so eine öffentliche Verbindung von der Vorderseite in den Gassenraum. Der Innenraum ist geprägt von vier grossen gedrechselten Holzstützen. Das Obergeschoss teilt sich in acht gelichgrosse Kammern. Das Ausstellungskabinett ist vielseitig nutzbar und bietet Platz für Wettbewerbsausstellungen oder Veranstaltungen wie DIE OSTSCHWEIZ BAUT, wo aktuelle Bauprojekte vorgestellt und diskutiert werden. Im Zwischengeschoss schaffen die höher sitzenden Fenster, eine Art Wannensituation mit ringsum Hängefläche für diverse Ausstellungsformate. Westlich der Ausstellungshalle sitzt die Bibliothek und SAMMLUNG des ZfBK, dieser Raum drückt sich aus dem Dach heraus und schafft so eine spezielle Höhenentwicklung. Der Hallenteil vor der SAMMLUNG kann zusätzlich als Ausstellungsfläche genutzt werden. Die imposante, gedrechselte Holzstütze steht im Zentrum des Raumes. Die Abteilung KINDER & JUGEND sitzt direkt über der Wohngemeinschaft Arche und wird mit einem neuen Treppenlauf mit dieser verbunden. Die sozialen Einrichtungen ARCHE und TIPITI können die Räumlichkeiten nutzen und die Programme der Organisationen überlagern sich zukünftig. Trotz des relativ kleinen Fussabdruckes entsteht im Dachgeschoss eine überraschend grosszügige, zusammenhängende Ausstellungslandschaft. KINDER + JUGEND überlagern sich mit den Ausstellungsflächen und der SAMMLUNG, die Programmpunkte stehen in räumlicher Beziehung zueinander und schaffen so einen niederschwelligen Raum der baukulturellen Vermittlung für Jung und Alt.

Das Bauen mit Holz hat in der Ostschweiz tief verwurzelt, diese Tradition wird fortgesetzt und neuinterpretiert. Die typischen Fensterbänder des Appenzeller Hauses werden am ZfBK zum prägenden Fassadenelement. Das durchgehende Fensterband schafft für jeden Programmpunkt eine spezielle räumliche Situation. Die Kinder schauen Bodenbündig über den GLEISPARK Richtung Freudenberg. In der Ausstellungshalle sitzen die Fenster wie Oberlichter über den Wandflächen und im Bereich der Sammlung bieten Klapptische Platz zum Arbeiten am Fenster. Ein typisches Detail des Appenzeller Hauses sind die Schiebeläden, diese werden vertikal in die Unterkonstruktion der Fassade geschoben, ein ideales Element um verschiedene Lichtsituationen im Innenraum zu ermöglichen. /

/ Der Bildungsbau an der Lagerstrasse 18 ist Sitz der Agogis St.Gallen, hier werden Sozialpädagogen, Sozialarbeiter und Agogen ausgebildet. Die Agogis wurde in den 1970er Jahren gegründet, damals entstanden in der Schweiz zahlreiche Angebote für die Begleitung von Erwachsenen mit geistiger Beeinträchtigung: Wohnheime, geschützte Werkstätten und Beschäftigungsstätten, für welche hier bis heute die Fachkräfte ausgebildet werden.

Der 2013 entstandene Ersatzneubau wird leider einem öffentlichen Bildungsbau nicht gerecht. Der Vorgängerbau, das Stellwerk Gebäude der SBB überkragte gegen Süden das Erdgeschoss und schaffte so einen überdachten Aussenraum zum Arbeiten im Freien. Ein vorgehängter Wintergarten soll zukünftig den Gehweg Richtung Bahnhof überdecken, die neue Raumschicht schafft grosszügige helle Gemeinschaftsräume für eine kommunikative Lernatmosphäre. Die zwei separierten Gebäudeflügel werden verbunden und eine flexible Nutzung der Klassenzimmer ermöglicht. Auf dem Dach werden neue Seminar und Gruppenräume angeboten, diese können durch die Agogis, die FH Ost oder vom ZfBK für Schulungszwecke gebucht und belegt werden.

Die filigrane Holzkonstruktion wird über das bestehende Gebäude gestülpt, der vorgehängte Wintergarten fungiert als Puffer zwischen Schulungsräumen und Aussenraum. Lüftungsklappen sorgen für eine natürliche Belüftung, um eine sommerliche Überhitzung zu vermeiden. Die Holzstützen verzahnen sich mit dem Betonsockel und tragen die auftretenden Lasten ins Erdreich ab. Das neue Sheddach ermöglicht eine zusätzliche Belichtung der Klassenzimmer von Nordost, das Element schafft nicht nur räumlich einen Mehrwert, es lässt das Gebäude auch typologisch in den Schulbau einreihen. /

/ Am westlichen Ende des Areals sitzt das WERK, eine offene Werkstatt wo handwerkliche Kurse angeboten, aber auch freies Arbeiten an eigenen Projekten ermöglicht wird. Angehende Agogen der Agogis können hier Kurse und Workshops in ihrer praktischen Ausbildung durchführen und leiten. Das gegenüberliegende Theater LOK und der Ableger des Kunstmuseums St.Gallen können hier zukünftig auf dem Areal ihre Bühnenbilder oder Installationen anfertigen. Das Handwerk ist ein essenzieller Teil der Baukultur, ich bin der Überzeugung, dass durch die handwerkliche Arbeit am Material und Objekt eine Wertschätzung gegenüber unseren Bauten, Dingen und Umgebung gestärkt wird und so ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen gefördert wird.

Das WERK schliesst unmittelbar an den «Leopard» an und erweitert den höhergelegenen Platz Richtung Osten zu einer Terrasse mit Blick über die LOK Richtung Bahnhofsareal. Zwei Oberlichter stossen durch die Terrasse und schaffen einen visuellen Bezug zu den darunterliegenden Werkstätten. Die Werkhalle ist als freie Fläche zu verstehen, die Oberlichter und Kerne mit Garderoben, Nebenräumen und dem Büro der Werkstattleitung, zonieren den Grundriss. Ein Maschinenraum, Werkbänke und ein Lager lassen eine vielseitige Nutzung der Flächen zu. Die Überhöhung der Oberlichter bietet Platz, um grosse Skulpturen oder Hängearbeiten zu zeigen oder zu bauen. /

/ Der Entwurf ist ein Versuch, die einzelnen Projekte verschieden Tief zu bearbeiten und mit dem Ort zu verstricken. Dabei wird die vorgefundene Heterogenität als grosse Qualität erachtet und durch die einzelnen Eingriffe verstärkt.

Der alles vereinende Freiraum und Skulpturengarten ist hierbei von höchster Priorität, dieser wird jedoch erst durch die Verdichtung und Reaktivierung der Randbebauung denkbar und möglich. Die einzelnen Interventionen schaffen ein abwechslungsreiches, lebendiges und pulsierendes Bahnhofsquartier. /